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Interview zu: «Lernhaus, Kompetenzenset und Learning Hub»

Interview mit Daniel Stoller-Schai, Head Sales & Marketing, CREALOGIX

SU FRANKE (SF): DANIEL, DU HAST AM «HANDBUCH KOMPETENZENTWICKLUNG IM NETZ. BAUSTEINE EINER NEUEN LERNWELT» MITGESCHRIEBEN. IN DEINEM TEIL GEHT ES VOR ALLEM UM DAS LERNHAUS UND DEN SOGENANNTEN DIGITAL LEARNING HUB. WAS IST EIN LERNHAUS?

Daniel Stoller-Schai (DSS): Das Lernhaus ist ein Beratungsmodell für Digital Learning Initiativen und Projekte in Unternehmen. Oft wird ein Digital Learning Projekt mit der Evaluation von Lerntechnologien und –systemen gestartet. Die Erfahrung zeigt, dass ein Top-Down-Vorgehen oftmals besser wäre. Wenn eine klare Digital Learning Strategie vorliegt, lassen sich daraus die Lernformen, die erforderlichen Kompetenzen und die benötigten Technologien ableiten. In dem Sinne beginnt die Diskussion rund um das Lernhaus mit dem „Dach“, nämlich der Lernstrategie und geht weiter zu den „Etagen“, nämlich den Lernformen. Dies stösst dann die Diskussion rund um die Kompetenzen an und zeigt auf, welches „Fundament“, nämlich Lerntechnologien und –systeme nötig sind. Da wir auch Praktiker sind, wissen wir, dass dies nicht immer so lehrbuchmässig abläuft. Das Charmante am Lernhaus ist, dass man mit jeder Komponente starten kann und man automatisch zu den anderen Komponenten kommt. Wenn also ein Unternehmen über die Komponente „Kompetenzen“ in das Thema Digital Learning einsteigen möchte, dann wird sich früher oder später die Fragen nach dem strategischen „Dach“, den benötigten Lernformen und den Technologien einfach aufdrängen. Man muss das Lernhaus aber auch nicht überbewerten; es ist einfach ein gutes Kommunikationstool in der Konzeptionsphase mit einem neuen oder bestehenden Kunden.

SF: UND WAS KÖNNEN WIR UNTER EINEM DIGITAL LEARNING HUB VERSTEHEN?

DSS: Der Digital Learning Hub ist unsere technische Vision, wie Lernen in Zukunft aussehen kann. Für Insider könnte man auch sagen, es ist unser Ansatz „Beyond Learning Management System“. Wir gehen damit über die Begrenzung eines Learning Management Systems hinaus und stellen dieses in einen grösseren Kontext. Der Digital Learning Hub – oder wie wir ihn nun nennen – der „Swiss Learning Hub“ ist ein Bildungsmarktplatz für die Grundausbildung (Vocational Education), die betriebliche Bildung von Mitarbeitenden und Kunden (Corporate Education) und der höheren Aus- und Weiterbildung (Higher Education). Der Swiss Learning Hub basiert auf einer cloudbasierten Architektur, die in der Schweiz gehostet wird. Es ist einfach und rasch möglich für einen Kunden einen neuen Mandanten aufzusetzen. Damit kann mit dem Thema Digital Learning schnell und unkompliziert gestartet werden. Je nach Bedarf können dann weitere Komponenten dazu geschalten werden, wie z.B. Video Streaming, Autorenwerkzeuge, Testsysteme, Gamification-Funktionen usw. Hat ein Kunde mehrere Mandanten, können Lerninhalte zwischen den Mandanten einfach ausgetauscht werden. Der Swiss Learning Hub ist einfach ein geniales System, um alle Aspekte des digitalen Lernens abzudecken.

SF: HABEN DIE NEUEN LERNMETHODEN UND TECHNIKEN EINFLUSS AUF AUFSCHUB (ICH KANN JA AUCH IM ZUG NOCH LERNEN) UND LEISTUNGSDRUCK (MEINE AUSBILDNER KENNEN MEINEN STAND)? WENN JA WELCHEN GENAU?

DSS: Die neuen digitalen Lernmethoden sind aus der modernen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken und unterstützen flexible Lern- und Arbeitsformen. Als Mitarbeiter oder Mitarbeiterin habe ich jederzeit Zugriff auf alle Lernressourcen. Diese kann ich entweder selber nutzen oder ich werde Teil einer temporären Lerngruppe und nehme an einem Online-Kurs teil, der begleitet und moderiert wird. Wir orientieren uns da am MOOC-Ansatz (Massive Open Online Courses). Generell gilt, alles was ich mache, hinterlässt auch „Lernspuren“, die jemand mit Zugriff auf die Reportingdaten auch auswerten kann. Wer in Zukunft auf solche Lerndaten zugreifen darf, muss jedes Unternehmen selber regeln. Bezüglich Learning Analytics bewegen wir uns sicher in eine interessante Richtung, die es ermöglicht, auf Lernbedürfnisse schnell und personalisiert zu reagieren und die Lerneffekte genau zu analysieren und zu optimieren. Dass dabei Persönlichkeitsschutz und Datensicherheit eine Rolle spielen, steht ausser Frage.

SF: GIBT ES DAFÜR EINE ART ÜBERGANGSZEIT?

DSS: Übergangszeit? Ja, man kann übergangen werden, wenn man sich zu viel Zeit lässt. De facto sind Globalisierung, Digitalisierung, Mass Customization etc. omnipräsent, auch wenn vielleicht noch nicht jedes Unternehmen gleich weit ist. Das braucht sicher Zeit. Aber die Veränderungen gehen sehr schnell vonstatten. Oft merken wir ja gar nicht, was sich alles ändert, weil wir selber so involviert sind. Wir haben uns vor zwei Jahren einen neuen Claim gegeben, der ausdrückt, wie wir diese Veränderung sehen und welches unser Beitrag dabei sein soll: „Transform Your Business with Digital Learning“. Wir decken den Digital Learning Part ab und helfen Unternehmen und Organisationen, ihre Geschäftsmodelle mit digitalen Lernformen zu erweitern und anzureichern.

SF: DU SCHREIBST, FIRMEN BRAUCHEN EINE VERNETZTE/RE KOMPETENZENTWICKLUNG FÜR MITARBEITENDE UND KUNDEN UND MÜSSEN DAFÜR IN DREI PERSPEKTIVEN ÜBERLEGEN: STRATEGIE, METHODIK-DIDAKTIK UND TECHNOLOGIE. WAS SIND DIE GRUNDLEGENDEN AUSSAGEN ZU JEDEM DER DREI PUNKTEN FÜR JEMANDEN, DER SICH NOCH NICHT INTENSIV MIT DEM THEMA AUSEINANDER SETZT?

DSSZur Strategie: Es braucht eine strategische Ausrichtung der Bildungsmassnahmen. Idealerweise ist diese strategische Ausrichtung mit der Unternehmensstrategie verbunden. Wenn ein Unternehmen weiss, was es erreichen möchte und welche Aspekte dabei „Learning & Development“ abdecken sollen, dann ist die Bildungsstrategie relativ einfach ableitbar. Wir stellen aber oft fest, dass dies nicht der Fall ist. Viele Bildungsmassnahmen haben keinen strategischen Bezug.

Fazit: Eine Bildungsstrategie ist ein zentraler Referenzrahmen für alle Formen des Lernens in Unternehmen und Organisationen.

Zur Methodik-Didaktik: In vielen Fällen wird Digital Learning relativ simpel umgesetzt. Ein Learning Management System wird mit einfachen Lernmodulen bestückt, die mit einem Test abgeschlossen werden. Dies genügt nicht, um motivierende und nachhaltige digitale Lernprozesse umzusetzen. Gemäss Dr. Michael Allen – einem Pionier der Digital Learning Community – sollten digitale Lernmassnahmen folgende Ziele erreichen:

– Enhance the learner’s motivation (desire) to learn
– Focus the learner on behavior-enhancing tasks
– Create Meaningful and Memorable learning experiences which transfer to effective job performance

Fazit: Learning Design ist die Kunst, verschiedene Lernformen so in einen (digitalen) Lernprozess zu integrieren, dass die Lernziele erreicht und die Lernmotivation gesteigert wird.

Zur Technologie: Für die Umsetzung von digitalen Lernformen braucht es entsprechende Technologien. Es gibt verschiedenste Tools zum Erstellen digitaler Lernmedien und Systeme und Plattformen, um diese Lernmedien verfügbar zu machen. In Unternehmen sind dies Learning Management Systeme, WebConferencing-Systeme und Social Business Plattformen. Ausserhalb der Unternehmen kann es alles sein. Jane Hart – eine Spezialistin für soziales Lernen – führt seit Jahren eine Liste der 100 wichtigsten Lerntools. Seit Jahren sind dabei Twitter, YouTube und Google Search an der Spitze.

Fazit: Unser Swiss Learning Hub bringt alle diese Aspekte zusammen und ist damit technisch ein zukunftsgerichteter Ansatz für alle Formen des Digitalen Lernens. Das MISSION-Paper dazu kann hier angefordert werden.

SF: WAS IST DIE WICHTIGSTE VERÄNDERUNG, DIE DU DIR IN DEN UNTERNEHMEN UND INSTITUTIONEN WÜNSCHST?

DSS: Lernen wird oft durch Veränderungswiederstand verhindert. Ich wünsche mir weniger Angst und Zurückhaltung, wenn es darum geht, sich auf Neues einzulassen. Dies gilt vor allem auch für die eigentlichen Lernprofis in den Unternehmen. Trainer/innen, Ausbildungsspezialist/innen etc. müssen selber kontinuierlich neue Lernerfahrungen machen, um deren Potenzial ein- und abschätzen zu können. Dies gilt ganz besonders auch für digitales Lernen. Wenn ich keine Erfahrungen mit Lernmodulen, Gamification, eBooks, interaktiven Videos, Webinaren, 3D-Welten oder Learning Communities habe, dann werde ich diese auch nicht in meine Learning Designs einbauen und bleibe bei dem, was ich kenne.

SF: WO STEHEN WIR HEUTE BEIM THEMA DIGITAL LEARNING IN DER SCHWEIZ ODER IM DEUTSCHSPRACHIGEN RAUM?

DSS: Das ist schwer zu beantworten, weil es alle Ausprägungen gibt. Es gibt Firmen, die nutzen digitale Lernformen seit Jahrzehnten und sie sind Bestandteil der betrieblichen DNA. Andere starten erst damit. Generell kann man sicher sagen, dass bezüglich Digitalem Lernen im DACH-Raum alles möglich ist. Das Wissen, die Technologien und die Erfahrungen sind da, um wirklich digitale „state-of-the-art“ Lernprozesse für die Mitarbeiterausbildung, aber auch die Kundenausbildung umzusetzen. Als Full Service Provider im Bereich Digital Learning können wir dabei jeden Aspekt der „Digital Learning Value Chain“ abdecken.

SF: WAS BEDEUTET LERNEN FÜR DICH PERSÖNLICH?

DSS: Lernen ist das Thema, das mich seit über 30 Jahren interessiert, fasziniert und begeistert. Die formelle Ausbildungsphase habe ich seit längerer Zeit hinter mir gelassen und bin mehr selbstgesteuert und informell unterwegs. Genial finde ich die Möglichkeit, via Internetzugang jederzeit fast alles in „real time“ in Erfahrung zu bringen. Wenn ich z.B. im Buch von Robert Byron über seine Europareise 1925 lese, dass er mit seinen Freunden in Florenz ein bestimmtes Bild in einer Kirche betrachtet hat, dann habe ich genau dieses Bild in wenigen Sekunden auf meinem Bildschirm. Das ist doch einfach fantastisch. Ich finde es aber auch wichtig, dass man immer auch sehr konkret lernt; mit den Händen gewissermassen. Darum sind auch Gartenarbeit, Handwerksarbeit etc. wichtig. Das ist ein ganz anderes Lernen. Das schwierigste Lernen ist dasjenige, bei dem ich meine „Komfortzone“ verlassen muss. Wenn ich z.B. in einem halben Jahr Russisch sprechen müsste, würde mich das ganz schön fordern. Solchen Lernprozessen setzt man sich im Alter immer weniger aus, weil es anstrengend und wenig spassorientiert ist. Damit wird aber auch das Gehirn weniger gefordert und macht es sich „gemütlich“.

SF: GIBT ES EIN ALTER, IN DEM MAN BEGINNT, ANDERS ZU LERNEN?

DSS: Man lernt sicher in jedem Alter anders und anderes. Wenn ich meiner kleinen Enkeltochter zuschaue, wie sie sich die Welt erschliesst, bin ich fasziniert von der Geschwindigkeit, wie Wörter, Erfahrungen, Beobachtungen etc. aufgenommen und miteinander zu neuen Konzepten verknüpft werden. Wie eben erwähnt, lernt man in jedem Altersabschnitt anders. Wenn der ganze Ausbildungsdruck wegfällt oder nachlässt, macht man generell eher weniger oder gar zu wenig. Lernen ist wie Training. Je mehr ich es mache, desto fitter bin. Dies gilt übrigens bis ins hohe Alter.

SF: WAS KANN ICH PERSÖNLICH VON DIR ANGUCKEN, WENN ICH SELBST BESSER LERNEN MÖCHTE?

DSS: Alle meine Texte zu digitalem Lernen, die ich in den letzten Jahren verfasst habe, sind auf Scribd.com zu finden. Leider muss man sich dort unterdessen anmelden, um Dokumente zu sehen. Ich überlege mir, ob ich quasi meine „Bibliothek“ mittelfristig auf eine andere Plattform verschiebe. Ich denke da an OER- (Open Educational Resources) Plattformen. Dann findest du auch auf Slideshare und Twitter das eine oder andere. Und ansonsten treffen wir uns einfach zu einem Kaffee – z.B. in einem der vielen Co-Working-Spaces in Zürich – und tauschen uns bezüglich Digital Learning aus.

Su Franke

Franke ist Beraterin, Referentin und Dozentin für Online Kommunikation. Su Franke gründete die Corporate Dialog GmbH 2011. Damit unterstützte sie Unternehmen bei Online Kommunikationsstrategien und bei der Umsetzung in der Praxis. Mit dem Slogan „Kommunizieren statt Werben“ steht sie für dialogorientierte Kommunikation mit Mehrwert und für digitale Transformation.

Dr. Daniel Stoller-Schai

Daniel Stoller-Schai, Dr. oec. HSG, absolvierte ein Studium der Erziehungswissenschaften, Informatik und Psychologie an der Universität Zürich. Er arbeitete danach im Bereich Erwachsenenweiterbildung und Bildungsforschung. An der Universität St. Gallen war er am Aufbau des Learning Centers beteiligt und promovierte zum Thema E-Collaboration. Als Digital Learning Manager hat er in der Firma Phonak und UBS Erfahrungen mit dem globalen Einsatz internetgestützter Lern-Technologien gesammelt. Er arbeitet als „Head Sales & Marketing“ der Geschäftseinheit „Digital Learning“ für die Firma Crealogix. Daniel Stoller-Schai ist Vorstandsmitglied der European Corporate Learning Association (ECLA) und Leiter der Swiss eLearning Conference (www.selc.ch), die 2018 zum 9. Mal stattfindet.